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8.11.5. Fischerei
Wie die Rechte zum Fischen für die Dernauer Bürger geregelt waren, haben wir in den vorigen Kapiteln schon gesehen. Trotzdem war das Thema Fischen doch auch immer wieder ein Streitthema für die Bürger des Saffenburger Ländchens. So ist vom 22 Mai 1716 ein Protokoll eines Einspruchs der Gemeinden Rech, Mayschoss und Laach überliefert, in dem diese gegen die Sperrung der Ahr durch herrschaftliche Fischer protestieren.( Krudewig, Altenahr Seite 77, -18) Als Gegenleistung für Wachdienste auf der Burg konnten die betreffenden Untertanen in der Ahr mit der Angel fischen, an trüben Tagen durften sie dazu den „Hamen“ benutzen. ( Schmitz, von jedem jätt, Seite 78) Ich nehme an, hierbei handelt es sich um einen „Hever“, wie wir ihn selbst noch eingesetzt haben. (Abb.: 19 )
Vom Erlös sollen verschiedene Weinberge (Benge Foos) gekauft und das Haus in der Dichjass (1902) neu gebaut worden sein. Was übrig blieb ging (musste gehen) mit Beginn des ersten Weltkrieges in eine Kriegsanleihe, die dann wertlos war, als der Krieg verloren wurde und die politischen Situation sich von Grund auf änderte. Von uns Kindern wurden diese Fischchen, von denen es in den fünfziger Jahren noch recht viele gab „Maijesje“ genannt. Mit abnehmender Wasserqualität bis in die achtziger Jahre verschwanden sie fasst gänzlich. Ich glaube, dass sie in den letzten fünfzehn Jahren wieder stärker zunehmen, allerdings werden sie sicherlich, durch die vielen immer wieder eingesetzten Regenbogenforellen, kurz gehalten. Kinkel beschreibt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert recht gut wie die Rümpchen damals gefangen wurden: „Endlich erwähnen wir noch der kleinen Ahrfischchen, die unter dem Namen der Rümpchen, am ganzen Niederrhein höchst beliebt sind und einen bedeutenden Nahrungszweig des mittleren Ahrtales um Altenahr herum, bei Reimerzhoven und Brück, ausmachen. Die Art des Fangens ist einfach und sinnreich. Mitten im Flussbett, wird dem Lauf des Wassers nach ein langer Steindamm gelegt, der oben und unten nahe ans Ufer heranreicht. An das untere Ende zwischen Damm und Ufer stellt man die Reusen auf: Alsdann wird das obere Ende abgedämmt. Nun läuft alles Wasser binnen dem Damme und dem Ufer unten ab, und was von Fisch darin ist, gerät beim Versuch zu entwischen, in die Reusen hinein. Die Fische werden nach der Größe sortiert, die kleinsten, höchstens ein Fingerglied lang, genannt das Gesäme, sind die wohlschmeckendsten und teuersten. Man kocht sie in Salzwasser bis zur Siedehitze ab und verpackt sie dann in Weidenrinde, die sie frisch hält und vielleicht zu dem angenehm bitteren Geschmack mitwirkt. Hernach werden sie mit Öl und Essig serviert. Die meisten Fischchen gehören einer Gattung (Cyprinus phoxinus) an, welche überhaupt nicht größer wird. Wenn man aber genau zusieht, wird man auch manch junge Fische von größerer Gattung, besonders die an ihren roten Flecken leicht erkennbare Forelle, darunter erkennen und sich nicht leugnen, dass durch diese Art der Fischerei dem künftigen Bestand großer Schaden zugefügt wird.“ Die beim Rümpches-Fang eingesetzten Geräte (Kleiner Hever und Fischkörbe/Reusen sieht man auf einer Vielzahl von Abbildungen des 19. Jahrhundert. (Abb.: 20)
In der Familie Bertram war neben dem Rümpches-Fangen auch das Fischen mit dem Schleppnetz und dem Hever üblich. Noch in den fünfziger Jahren wurde zwei bis drei Mal im Sommer, wenn die Wassertemperatur erträglich war, die Ahr ahrabwärts von der Recher Grenze bis zur Ahrweiler Grenze an der Mündung des Hubachs mit Netzen abgeschleppt. Üblicherweise wurden zwei Netze eingesetzt, sodass mit einem immer die Ahr auf ihrer ganzen Breite einigermaßen abgesperrt blieb und mit dem zweiten Netz auch zwischendurch einmal eine Hecke am Fluss abgesperrt werden konnte. (Abb.: 22) Üblicherweise versuchten sich die Fische hier zu verstecken, wenn es bei dem Schleppnetz kein Durchkommen gab. Links und rechts wurden die Netze von einer Person gezogen/treiben gelassen zwei bis drei Personen gingen hinter dem Netz, um es beim Verhaken an Felsen oder Steinen sofort zu lösen oder auch, um die Fische, die sich verfingen, herauszunehmen. Ein bis zwei Personen gingen vor den Netzen und fühlten mit den Händen die Hecken und das Fischkraut nach Fischen ab, um sie entweder mit den Händen zu fangen oder sie aus dem Versteck zu treiben.
Ein solcher Fischzug über die ganze Länge dauerte häufig von morgens bis spät nachmittags, mittags brachten die Frauen etwa auf halber Strecke das Mittagessen. Wenn die Wassertemperatur noch sehr frisch war, wurde von der Flasche Hefe und/oder Trester, die immer mitgeführt wurde auch mal ein Glas mehr getrunken als unbedingt nötig, sodass es vorkommen konnte, dass gegen Ende des Fischzuges sich schon mal ein Fischer im Netz verhedderte. Die Fische (meist Barben, Döbel, genannt Mönne, Bachforellen, Äschen und wenige Aale (die gestochen wurden) u.a.) wurden, sobald sie gefangen waren, in kleine Jutesäcke gesteckt, die jeder Fischer umhängen hatte. War dieser Sack voll, kamen die Fische in eine Kiste, die auf einem Handwagen im Uferbereich mitgeführt wurde. Die Fischer trugen bei dem Fang festes Schuhwerk und alte Kleider, um ungestört auch über spitze Felsen in der Ahr gehen zu können und um sich im Geäst der Hecken beim Fang nicht zu sehr zu verschrammen. Bei einer solchen Gelegenheit ist einmal passiert, dass sich meinem Vater beim Abfühlen einer Hecke eine Wasserratte heftig in den Finger verbiss und erst nach heftigem Schütteln und Schlagen wieder losließ. Nach Abschluss des Fischzuges zogen die Fischer in die Dichjass, und der Fang wurde insgesamt noch einmal begutachtet, die dicksten Fische –das waren meist die Barben- noch einmal betrachtet und noch einmal erzählt wie, wo und von wem diese Exemplare gefangen wurden. Hier in der Dichjass wurden die Fische nun aufgeteilt in gleichgroße und gleichwertige Häufchen - jeweils so viele wie Fischer dabei waren. Damit auch ja kein Streit entstand beim Verteilen, musste sich anschließend eines der Kinder umdrehen, und jeweils den Namen eines Fischers nennen, dem die Fische gehören sollten, auf die gerade gezeigt wurde. Bei solchen Fischzügen wurden bis zu einem Zentner Fische –gelegentlich auch mehr- gefangen. Nach dem Fang wurden Schleppnetze gereinigt, repariert und zum Trocknen im Hofgebäude (Schopp) aufgehängt.
Die gefangenen Fische wurden unmittelbar anschließend geschuppt, ausgenommen, gebraten und die meisten in einem Essig/Wassergemisch eingelegt. So hielten sich die Fische für drei bis vier Wochen. Es wurde in diesem Zusammenhang erzählt, dass es früher so gewesen sei, dass die Fischer des Dorfes die Edelfische (Forellen, Äschen) aus dem Fang hätten abgeben müssen. Salme beachtlicher Größe und Anzahl wurden noch um die Jahrhundertwende im Bereich der Ahrmündung bei Sinzig gefangen. (Es gibt Photos davon). Bis wann diese auch noch im Bereich der Mittelahr waren, ist bisher nicht bekannt. Sicherlich haben die vielen Wehre entlang der Ahr den Aufstieg zunehmend erschwert. Von Fischtreppen war damals noch keine Rede. In einer Urkunde aus 1414 wird berichtet, dass auf den Salmenfang im Rhein (am Loreley Berge zu St. Goarshausen) Abgaben erhoben werden. Von einer anderen Art zu fischen, die von wenigen Männern in Dernau ausgeübt wurde und die ich selbst als Jugendlicher einige Male eingesetzt habe, soll noch berichtet werden. Im Sommer, insbesondere an schwülen Tagen, unmittelbar bei Einsetzen von starken Gewitterregen war, die beste Zeit. Mit dem „Hever“ (Abb.: 19 und 23) zog man an die Ahr und setzte diesen Hever am besten in Bereichen, wo Bacheinläufe waren, ab. Dieser Hever war ein Netz mit ca. zwei mal zwei Meter Fläche, welches von biegsamen Haselnuss-Stecken auf Spannung gehalten wurde. Mit einem ca. vier bis fünf Meter langen Pfahl - can dessen Spitze zusätzlich noch ein Zugseil befestigt war- wurde das Netz ins Wasser gelassen.
Nach einer gewissen Zeit (ca. zehn Minuten) wurde der Hever mit dem Seil angehoben. Die Fische, die sich zu diesem Zeitpunkt über dem am Boden anliegenden Netz befanden, waren gefangen. Der Hever wurde langsam seitlich zum Ufer geschwenkt und dort abgesetzt, um die Fische in den Fischsack zu stecken. Dieser Hever hatte Ähnlichkeit mit den kleinen Rümpcheshevern, wie sie auf alten Bildern dargestellt sind, nur war hierbei die Netzfläche ca. viermal so groß. Da ich das Glück oder auch das Pech hatte, dass mein Vater mit zu den Pächtern der Ahr gehörte, konnte ich als Kind zwar häufig mit zum Fischen, wurde aber mehr als andere angehalten, nicht zu fischräubern. Es kam des Öfteren vor, dass Kremers, Hubert, der u. a. im Auftrag der Gemeinde hierauf zu achten hatte, uns beim Angeln oder beim Versuch mit den Händen zu fischen, verscheuchen musste. So kann ich mich noch recht gut erinnern, dass ich mich eines Tages -es muss noch in den fünfziger Jahren gewesen sein- beim Heumachen auf dem Schildt (bei Esch) wegmachte und mein Glück im nahen Escher Bach versuchte. Stolz wie Oskar, kam ich zur allgemeinen Überraschung zurück mit zwei ansehnlichen Bachforellen. In den siebziger Jahren ließ ich mich gemeinsam mit einem Freund, dummerweise mit einer ganzen Reihe gefangener Fische im Bereich des Ahrweiler Gebietes (unterhalb des Hubacheinlaufes) vom dortigen Pächter erwischen. Das eingeleitete Verfahren konnte ich gerade noch abbiegen. Kurz darauf gründeten wir in Dernau den Angelsportverein. In den achtziger Jahren konnte ich dann mit zwei anderen Dernauern (Näkel,W. Fisang, H. genannt „Tiger“), direkt ein Stück Ahr von der Bröcke Möll bis zur Recher Grenze pachten. Gelegentlich wird bei den Besuchen in Dernau heute versucht, ob es noch gelingt Fische mit der Hand (es gelingt noch!) oder mit der Fliegenroute zu fangen. Leider komme ich viel zu selten dazu. Um nicht zu sehr aus der Übung zu kommen, haben wir nun in Burgdorf einen ca. 60 m² großen Teich, in dem auch einige größere Regenbogenforellen sind.
Die Familientradition in Sachen Fischen wird vielleicht weiter erhalten bleiben. Vor ein paar Monaten haben David (15) und Lucas (12) ihren Fischereischein gemacht. |
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